Meine gesammelten Werke: Wie ich die Lage gesehen habe.

Ein Gespräch mit der Frau, die als "Wunderkind" galt und heute "Geigenkönigin" ist

Handelsblatt, 22.03.2024

Wie bleibt man so gelassen, Frau Mutter?

Ein Gespräch mit der Frau, die als "Wunderkind" galt und heute "Geigenkönigin" ist

Handelsblatt, 22.03.2024

Dieses Gespräch beginnt um neun Uhr morgens, pünktlich. Ganz nach ihrer Gewohnheit ist Anne-Sophie Mutter schon ein paar Stunden früher aufgestanden. Sie liebt die Geräusche der Natur, lobt „Vogelarien“. Auch daraus zieht die in München lebende Weltkünstlerin Kraft. Ihre Karriere ist mehr als außergewöhnlich: Geigenunterricht mit fünf Jahren, knapp ein Jahr später einen Wettbewerb gewonnen, mit 13 das erste große klassische Konzert (in Luzern), seitdem im Rampenlicht. Wie schafft sie das?

 

Frau Mutter, Sie stehen seit 48 Jahren auf der Konzertbühne. Sind Sie ein Paradebeispiel für Resilienz?

Anne-Sophie Mutter: Oh Gott, das klingt ja nach einem Baum, der immer wieder schrecklichen Stürmen ausgesetzt ist. Musik ist für mich sehr sinnstiftend. Ich versuche damit, vieles zu verbinden außerhalb der reinen Konzerttätigkeit: die Arbeit für die Krebshilfe, meine Stiftung, in der ich weltweit seit 27 Jahren junge Streicher fördere, meine Benefizprojekte. Das hat viel mit Teilen zu tun und spendet Energie.

Das ist Ihr Modell, Balance zu finden?

Gemeinschaft ist immer eine Kraftquelle im Leben. Vielleicht müssen wir uns dessen allgemein bewusster werden.

Mit dem Modebegriff der „Resilienz“ können Sie nicht viel anfangen?

Ich liebe seit jungen Jahren den Stoizismus. Die Stoa ist für mich immer ein Weg, aus dem Alltag herauszutreten. Manches kann man eben nicht beeinflussen. Dann muss man seine Einstellung gegenüber Problemen ändern. Man haftet an vielem, was nicht wirklich glücksbringend ist. So dürfen wir in einer Wohlstandsgesellschaft leben, rennen aber andererseits permanent den falschen goldenen Kälbern nach. Das führt zu einer Endlosschleife von Begehrlichkeiten und Unzufriedenheit.

Stoiker sind gelassen, streben nach Seelenruhe und wollen ihren Platz in einer gegebenen Ordnung ausfüllen.

Ich muss mich auch immer wieder aus dem Hamsterrad befreien. Beispielsweise werde ich gegen Ende dieses Jahres für einige Monate nicht konzertieren. Ich möchte reevaluieren, wie ich als Musiker in die Zukunft gehen möchte. In dieser Pause werde ich mich hoffentlich im Bogenschießen verbessern und Meditation als integralen Mittelpunkt meines Lebens vertiefen.

Diese Befreiung, von der Sie sprechen, gelingt immer?

Bis zu einer bestimmten Grenze kann ich das Karussell immer wieder anhalten. Resilienz ist für mich lediglich, geschmeidig sein. Als alleinerziehende Mutter von zwei Kindern muss man sich ohnehin die Fähigkeit antrainieren, mit überraschenden Situationen jederzeit zurecht zu kommen. Ein Künstler muss auch gut sein, wenn die Kinder Windpocken haben und man die ganze Nacht nicht geschlafen hat.

Sind Sie in Ihrer Karriere eher Getriebene gewesen oder Treiberin?

Wie bei vielen Menschen kann man das gar nicht mehr unterscheiden. Als Kind wolle ich es immer allen rechtmachen und musste mich über Super-Leistungen definieren. Zwei ältere Brüder zu haben, das macht ein Mädchen zur Macherin. Später wurde mir dann klar, dass man immer wieder Abstand finden muss. Sonst will man immer noch mehr leisten, um dann zu sagen: „Schau, auch das kann ich!“ Das Leben ist zu kurz für solche Spielchen.

 

Ihr badischer Singsang unterstreicht die Schlagfertigkeit von Anne-Sophie Mutter. In der Branche hat sie den Ruf, „streng“ zu sein, was so viel heißt wie: perfektionistisch. Im Gespräch lacht sie zwischendurch immer wieder auf, streut Anglizismen wie „obviously“ oder „whatever“ ein. Im Nachhinein mag es so wirken, als sei ihr alles in den Schoß gefallen, aber das täuscht. Die Geigen-Virtuosin aus Wehr im Landkreis Waldshut geriet öffentlich in Streit mit ihrem Vater („fürchterliche Profitgier“), der anfangs ihr Generalmanager war. Und ihr erster Mann, der Anwalt Detlef Wunderlich, starb 1995, sechs Jahre nach der Hochzeit. Zwei Kinder blieben zurück.

 

 

2023 war für Sie ein besonderes Jahr – mit Ihrem 60. Geburtstag und einer ausgedehnten Konzertreise. Oft ist ein solches Jubiläum Anlass zur Selbstreflektion. Wie war das bei Ihnen?

Die Frage nach dem Sinn des Lebens stellt sich für mich immer, unabhängig von Geburtstagen. Mein Leben war nicht immer leicht. Auch ich bin durch tiefe Täler der Tränen gegangen, musste menschliche und künstlerische Krisen bewältigen. Solche Krisen gehören zum Leben. Die Frage ist, ob man dadurch am Ende wächst.

Sie hatten zum runden Geburtstag keine sentimentalen Momente?

Mein 60. Geburtstag hat sich mehr mit Dankbarkeit verbunden, dass ich überhaupt noch leben darf, denn der Vater meiner Kinder ist kurz nach seinem 60. Geburtstag an Lungenkrebs gestorben. Die Erinnerung daran hat etwas sehr Schweres für mich. Aber ich habe die Chance, noch etwas Vernünftiges aus meinem Leben zu machen.

Im Jubiläumsjahr erschien „Vivace“, eine intime Film-Dokumentation über Ihr Leben und Ihre Person. Dafür durften Sie den Tennis-Champion Roger Federer treffen, ihr Idol. Welche Parallelen zwischen Hochleistungssport und Klassik gibt es? Viele in der Branche absolvieren wegen der strapaziösen Konzerttourneen ausgefeilte Fitnessprogramme.

Das würde ich hoffen. Ich bin auf jeden Fall ein Sport-Nerd und war immer ein Bewegungskind. Die Liebe zum Wandern, zum Herumkraxeln in den Bergen und zur Stille der Bäume, dem Konzert des Waldes, begleiten mich schon ein Leben lang. Zum 40. Geburtstag habe ich die ersten Ermüdungserscheinungen nach einem Konzert bemerkt. Da sagte mir mein Journalisten-Bruder, ich müsse etwas Kardio-Vaskuläres tun. Später kam dann noch Gewichte-Training dazu. Wie die alten Römer sagen: ein gesunder Geist in einem gesunden Körper.

Ihr Vater war Verlagsleiter bei der schwäbischen Regionalzeitung „Alb-Bote“. Gewinnt man da schon in der Kindheit ein besonders Gespür für Presse und Storytelling?

Ich bin früh über alles informiert worden – sowohl über den kritischen Journalismus als auch über die Regenbogenpresse am anderen Ende des publizistischen Spektrums. Ich schätze das Gespräch mit einem seriösen Journalisten sehr, egal, ob aus dem Feuilleton oder der Politik. Kriegsreporter sind für mich wahre Helden. Die etwas buntere Welt versuche ich zu vermeiden.

Die Presse hat Sie als „Amazone“, als „Wunderkind“, als „Wunderfrau“ beschrieben. Der „Spiegel“ dichtete von der „Steffi Graf der Darmsaiten“. Sind solche Etikettierungen Last oder Ansporn?

(Lacht) Ich spiele gar nicht mit Darmsaiten. Durch die Betrachtung von außen finden wir nicht zu unserer wahren Mitte. Soweit ich einst von den ganzen „Wunderkind“-Formulierungen überhaupt etwas mitbekam, hatte es wenig mit meiner eigenen Wahrnehmung zu tun. Ich weiß, wo meine Stärken und meine Schwächen sind.

Schwächen? Wollen Sie darüber reden?

Ich sitze hier bei diesem Gespräch und liege nicht auf dem Sofa. Bis zum letzten Tag meines Lebens möchte ich lernen.

Was waren die entscheidenden Elemente in Ihrer Karriere?

Disziplin ist natürlich wichtig. Aber das Sich-selbst-Hinterfragen, die Neugierde und die Freude, anders zu denken oder anders zu fühlen, faszinieren mich am Leben. Das gilt auch für die Musik. In meinem Leben steht immer wieder eine völlig neue Tonsprache. Gerade habe ich Aftab Darvishi einen Auftrag für ein kurzes Solo-Werk gegeben. Die Zusammenarbeit mit solchen iranischen Komponistinnen ist eine Möglichkeit, den Frauen in diesem Unterdrücker-Staat eine Stimme zu geben.

Es gab doch auch Personen wie Ihre Lehrerin Aida Stucki oder der legendäre Dirigent Herbert von Karajan, die Ihre Karriere befördert haben.

Es war enormes Glück, immer wieder Menschen zu begegnen, die bereit waren, mich zu hören und mir Rat zu schenken. Ich bin absolut unerschrocken – außer, wenn es zum Zahnarzt geht. Ich liebe Think-tanks und rede im Übrigen gerne mit Menschen, die nicht zwingendermaßen Musiker sind, etwa mit Neurologen, bildenden Künstlern, Schriftstellern, Ingenieuren.

 

Karajan war im Dezember 1976 so begeistert von „Mucki“, wie ihre Familie sie nannte, dass er und die Berliner Philharmoniker mit ihr 1977 bei den Salzburger Festspielen auftraten. Gemeinsame Aufnahmen von Mozart-Stücken oder von Vivaldis „Vier Jahreszeiten“ sind Top-Seller im Klassikmarkt. Zeit, auf wirtschaftliche Aspekte in Anne-Sophie Mutters Wirken einzugehen. Klar wird: mit dem modischen Streaming kann sie wenig anfangen.

 

Corona war für die Gesellschaft eine Zäsur. Welche Long-Covid-Wirkungen beobachten Sie in der Kultur?

Wir befinden uns – das kann man schon sagen – in einer Weltwirtschaftskrise. Das beeinflusst den Kulturbetrieb. Fördergelder bleiben aus. Der seit langem versprochene neue Konzertsaal in München zum Beispiel ist in weite Ferne gerückt. Der Bürger, auch ich, hat weniger Geld in der Tasche – und geht seltener in Konzerte. Langfristig schadet das der Vielfalt der Programme und der Bildung junger Menschen.

Was meinen Sie damit?

Schon im Kindergarten und später in der Schule prallen viele Kulturen aufeinander – Musik schafft da eine emotionale Verbindung. Sie stiftet, gerade in schwierigen Zeiten, Zusammenhalt und wäre essenziell wichtig für die humanistische Entwicklung unserer Gesellschaft. Diese Tagträume träume ich seit Jahrzehnten und versuche immer wieder, sie im Gespräch mit Politikern hörbar zu machen. Aber politisches Denken ist eine Eintagsfliege. Niemand schaut weiter als bis zur nächsten Wahl.

Eine Corona-Wirkung ist der überwältigende Erfolg des Audio-Streamings. Wie kommen Sie damit zurecht?

Das System ist ungerecht. Für den Künstler bleibt am allerwenigsten. Selbst Taylor Swift hatte zwischenzeitlich ihre Lieder Spotify entzogen. Dabei erreichen die Abrufzahlen bei Pop ein ganz anderes Volumen als bei klassischer Musik.

Pro Song erhält Taylor Swift einen Drittel Cent – weil ihre Songs aber 2023 mehr als 26 Milliarden Mal gestreamt wurden, kassierte sie mehr als 100 Millionen Dollar.

Sie ist eine Ausnahme. Die Vergütung müsste angenehm anfallen, tut es aber nicht. Bei 500.000 Downloads hätte man gerade mal rund 500 Euro. Aber welcher klassische Künstler hat 500.000 im Monat? Ich glaube, ich nicht. Wer nicht konzertiert und da einen Groschen dazuverdient, der kann nicht überleben.

Tatsache ist, dass Streaming den Musikmarkt radikal gewandelt hat.

Ja. Die Streamingdienste sind eine Möglichkeit, Musik überall zu erleben, in der Toilette, in der U-Bahn und im Flugzeug – in welcher Qualität auch immer. Das ist die Crux: Ein Musiker ringt um den Klang und um die Nuancen, gerade in der klassischen Musik. Deshalb hat man hat sehr gut ausgebildete Tonmeister. Und dann bist du in der Reproduktion beim Gaslicht steckengeblieben, so schlecht ist der Klang oft beim Streamen. Das ist schwer zu ertragen.

Liegt die Zukunft der klassischen Musik einzig und allein im Konzertsaal?

Musik entwickelt ihren Zauber in der Einmaligkeit des Live-Erlebnisses. Das ist etwas Wunderbares. Avatare wie bei Abba ersetzen das nicht. Aber wer sagt denn, dass die Tonträger wirklich aussterben? Womöglich werden wir künftig analoges Leben wieder sehr schätzen – als Gegengewicht zur Künstlichen Intelligenz um uns herum. Ich selbst liebe die LP. Sie vermittelt menschliche Wärme. Erfreulicherweise erlebt sie derzeit eine Renaissance.

Sie gehören zusammen mit anderen Künstlern wie Igor Levit oder David Garrett zu den verbliebenen Klassik-Kassenmagneten der Musikbranche. Wie wichtig ist es, dabei ein Popstar-Image zu haben?

Igor Levit ist ein guter Musiker und politisch engagiert. Damit ist er Menschen bekannt, die nicht allabendlich in die Philharmonie laufen. Die Folge ist eine größere Popularität. Ein „Star“ ist er deshalb nicht. Und David Garrett? Er ist kein Klassikkünstler.

 

Auftritte im schulterfreien Abendkleid, höchste musikalische Qualität, eingespielte Begleiter wie der US-Pianist Lambert Orkis – die Frau, die als „ASM“ im Klassik-Business firmiert, ist zur globalen Marke geworden. Zwei Tage nach dem Gespräch bricht sie zu Konzerten in Asien auf, danach geht es nach Israel. Die 60-Jährige hat aber auch immer wieder Neues gewagt: Avantgarde-Komponisten gespielt, alte Musiker wiederentdeckt, Filmmusik gemacht, 2019 in München ihren ersten Open-Air-Auftritt hingelegt. Was hat sie noch vor?

 

Sie konzertieren seit vielen Jahren mit John Williams, der die Musik zu Kino-Hits wie „Der weiße Hai“ oder „Krieg der Sterne“ komponiert hat. Auch Sie selbst haben schon Hollywood-Soundtracks eingespielt. Ist Filmmusik die neue Klassik?

Es ist die zeitgenössische Musik dieser Tage. Viele der klassischen Komponisten des 20. Jahrhunderts – Penderecki, Schostakowitsch, Prokofjew – haben für Film geschrieben. Nicht zu vergessen, dass große jüdische Komponisten nach 1933 fliehen mussten und sich in Hollywood ansiedelten. Dadurch hat die Filmmusik einen Adelsschlag erhalten, etwa durch Erich Wolfgang Korngold.

Mit dem 92-jährigen John Williams werden Sie auch 2024 auftreten.

Er ist ein feiner Herr, leidenschaftlich bis ins letzte Detail. Er wird verehrt wie ein Gott, ist dabei aber unglaublich bescheiden. Neben ihm auf der Bühne zu stehen und diese geballte Ladung von Liebe und Dankbarkeit von drei Generationen im Saal zu spüren, ist ein besonderes Erlebnis. Er ist der Brückenbauer zwischen Klassik und Filmmusik. Und niemand fragt: „Zu welcher Sparte gehörst du denn?“

Sie sind Ehrenmitglied des East-Western Divan Orchestra von Daniel Barenboim. Am 9. August treten sie gemeinsam auf der Waldbühne in Berlin auf…

…zum ersten Mal auf der Waldbühne! Stellen Sie sich das vor! Bisher hat sich das einfach nicht ergeben. Barenboims Wirken in Berlin ist gar nicht stark genug zu preisen: der Ausbau der Staatsoper, der neugeschaffene Boulez-Saal, sein Orchester und die Akademie dahinter, das alles ist ein Geschenk an die Menschheit. Mit meiner Stiftung arbeite ich gerne mit den dort ausgebildeten Talenten zusammen.

Barenboim will mit seinem aus Israelis und Palästinensern bestehenden Orchester Verständigung im Nahen Osten befördern. Kann Musik langfristig politisch-religiösen Fanatismus überwinden?

Musik ist nicht dogmatisch. Es gibt nur ein Miteinander und Dialog. Während ich mit meiner Kunst im Konzert spreche, nehme ich wahr, wie man im Saal auf meine Aussage reagiert. Ich höre die feinsten Zwischentöne um mich herum und adaptiere meine Einstellung zum Werk.

Sie gaben und geben etliche Benefizkonzerte, etwa nach dem russischen Überfall auf die Ukraine. Wie sind die Leitlinien Ihres gesellschaftspolitischen Engagements?

Der Mensch steht im Mittelpunkt, besonders die Kinder. Nach dem Überfall auf die Ukraine gab ich jeweils zwei Benefizkonzerte für „Save the Children“ und für das Internationale Rote Kreuz, eine Organisation, deren Wirken in Kriegsgebieten man gar nicht hoch genug einstufen kann. Wir müssen immer wieder ein Zeichen für Humanismus setzen.

1987 erhielten Sie vom damaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker das Bundesverdienstkreuz Erster Klasse. Sie seien eine „deutsche Botschafterin der Musik“ hieß es.

Ich sehe mich nicht als Vertreter deutscher Kunst, sondern als Mensch, der versucht, seiner Staubkorn-artigen Existenz irgendeinen Sinn zu geben. Musik ist eine internationale Sprache. Wir sind in dem Kanon der weißen, westlichen klassischen Welt leidenschaftlich bemüht, dem Repertoire und den Aufführungsmöglichkeiten mehr Facetten hinzuzufügen. Was die feministische Seite von Komponistinnen angeht, kann ich mich nicht rühmen. Da wäre mehr möglich gewesen. Man kann nicht alles schaffen.

Frau Mutter, nach Ihrer Kunstpause Ende des Jahres stehen große Dinge an. 2026 werden Sie 50 Jahre lang Konzerte gegeben haben. Was motiviert Sie da eigentlich noch?

Fürs 50. Jubiläum habe ich eine fantastische Idee für ein neues Werk und dessen Umsetzung. Das wird ein Schritt in die Zukunft der Musik. Details kann ich nicht verraten. Auch wird eine zweite iranische Komponistin für mich schreiben. Und ich habe eine große, relativ neue Leidenschaft…

…Sie machen uns neugierig.

Das ist der dunkelhäutige Geiger, Komponist und Fechter Joseph Bologne, der Chevalier des Saint-Georges. Er lebte zu Mozarts Zeiten in Frankreich. Der Vater war weißer Plantagenbesitzer, seine Mutter – eine Sklavin – kam aus Guadeloupe. Bologne bekam die beste Ausbildung, musizierte mit Königin Marie-Antoinette und wäre fast Chef der Pariser Oper geworden. Leider hat Rassismus das verhindert.

Was fasziniert Sie konkret an diesem Musiker, der vor 225 Jahren starb?

Er war ein großartiger Komponist, ein unfassbar virtuoser Geiger, viel virtuoser als Mozart. Seine Werke werde ich zukünftig vermehrt aufführen. Für mich ist Joseph Bologne eine Neuentdeckung, für uns alle eine Wiederentdeckung. Er ist einer der vielen, der von der Geschichte vergessen wurde. Zeit, das zu ändern.

Es wird Ihnen also nicht langweilig werden.

Ich habe wahnsinnig viele Pläne. Jetzt muss ich nur noch die Zeit und Energie haben, das alles vor meinem hundertsten Geburtstag zu schaffen.

Frau Mutter, vielen Dank für das Gespräch.