Meine gesammelten Werke: Wie ich die Lage gesehen habe.

Unser tägliches Leben mit Monopolen – und warum sich etwas ändern muss

Gerhart-Hauptmann Theater Görlitz Zittau Spielzeitheft 24/25

Groß ist nicht groß genug

Unser tägliches Leben mit Monopolen – und warum sich etwas ändern muss

Gerhart-Hauptmann Theater Görlitz Zittau Spielzeitheft 24/25

Zum politischen Tagesgespräch gehören Kriege, Migration, Rechtsextremismus, angebliche oder tatsächliche „Zumutungen“. Selten aber ist die Rede von jener unheimlichen wirtschaftlichen Konzentration von Macht, die dann schon wieder politisch wird. Es geht ja gar nicht mehr um Fragen wie: Sozialismus oder Kapitalismus?, sondern um die jeweilige Spielart eines Monopolismus, der immer mehr Macht in den Händen von immer weniger Leuten vereinigt. Weit hergeholt? Die Alltagsrealität mit all den sichtbaren und unsichtbaren Monopolen spricht dagegen.

Zu den Monopolen, die im breiten Bewusstsein fest verankert sind, gehören jene der wenigen US-Internetplattformen, die das Öl des 21. Jahrhunderts – Daten – beherrschen. Es fallen auf: Alphabet mit dem Suchmaschinen-Abräumer Google und der Weltvideobibliothek YouTube, Meta mit den Social-Media-Gebietsherren Facebook, WhatsApp und Instagram, der E-Commerce-Champion Amazon, der Bürowelten-Dominator Microsoft und der iPhone-Gott Apple. Jeder und jede weiß etwas über den langen, starken Arm dieses Quintetts, aber alle fügen sich diesem über die Börse finanzierten Schicksal. Erstens machen mal alle mit (nichts ist schlimmer als digitale Isolation), und zweitens kommen viele dieser Dienste so wunderschön kostenlos daher, dass man vergisst, wie das eigene Konsumverhalten überwacht wird. 2023 haben die „Big Five“ zusammen 1,6 Billionen Dollar umgesetzt (so viel wie Spanien erwirtschaftet) und 290 Milliarden verdient. Zusammen mit Tesla und Nvidia bestimmen sie das Auf und Ab der Börsen.

Schon weniger deutlich sind die Super-Oligopole auf den meisten Märkten, etwa im Lebensmitteleinzelhandel. Wenn vier deutsche Handelskonzerne (Marktanteil: 80 Prozent) ihre Machtspielchen mit zehn internationalen Nahrungsmittelmultis austragen, die wiederum 60 Prozent der Waren im Supermarkt stellen, kommt das beim Verbraucher am Ende als Inflation an – oder aber als Lücke im Regal, wenn der Kombattant einfach ausgelistet wird.

Fast unsichtbar wiederum ist die Bedeutung, die wenige Wall-Street-Firmen auf allen Börsen der Welt und damit als Top-Aktionäre bei Kapitalgesellschaften erlangt haben. Blackrock aus New York verwaltet ein kaum vorstellbares Vermögen von zehn Billionen Dollar (zweieinhalb Mal mehr als die Bundesrepublik erwirtschaftet) und kontrolliert elf Prozent der Aktien der 40 deutsche Großunternehmen im Börsenindex Dax. In Europa kommt fast jeder zweite der populären passiven Investmentfonds (ETF) von Blackrock. Man berät Regierungen und Zentralbanken.

Die Crux ist, dass Blackrock und andere US-Vermögensverwalter dazu tendieren, Fusionen zu unterstützen. Denn aus Firmenehen folgen Kostenersparnisse (Doppelkapazitäten und damit Jobs fallen weg) sowie famose Möglichkeiten, über höhere Preise höhere Gewinne einzufahren („pricing power“).

Zu den vorwiegend unsichtbaren Monopolen gehört schließlich die Verfügungsgewalt über Rohstoffe durch zumeist staatliche Konzerne. Jedem in Europa wurden die damit verbundenen Abhängigkeiten klar, als Russlands Kriegsherr Wladimir Putin nach dem 24. Februar 2022 damit drohte, die Versorgung mit Erdgas zu drosseln. Die Bundesregierung war – unter dem Applaus von Eon und BASF – das immense Risiko eingegangen, 55 Prozent der wichtigen fossilen Energie aus einer einzigen Quelle (Gazprom & Co.) zu beziehen. Noch gefährlicher ist in diesem Zusammenhang die Abhängigkeit von mineralischen Rohstoffen aus China, ohne die jeder „Green Deal“ undenkbar wäre, weil sie etwa in Batterien für Elektroautos, Handys, Magneten oder Windrädern stecken. Es geht um Kobalt, Lithium, Silizium, Magnesium und vor allem Seltene Erden.  Zu den größten Negativszenarien gehört, dass sich Peking eines Tages der Republik Taiwan bemächtigt – wo die meisten Computerchips produziert werden.

Die nach 1990 rapide fortgeschrittene Globalisierung hat dominante Anbieter produziert, die erst Mengenrabatt gaben und nun Monopolmacht ausnutzen können – zum Schaden von Bürgern und Verbrauchern. Monopole pressen höhere Preise ab, gewähren schlechte Konditionen, neigen zur Innovationsunlust (man hat es ja nicht nötig) und bilden riesige Lobbyverbände. Freiheit verträgt sich nicht mit dieser wirtschaftlichen Über-Macht. Deshalb haben die geistigen Väter der westdeutschen Sozialen Marktwirtschaft nach 1945 – geschockt von der Monopolökonomie der Nazis – auf einen dritten Weg zwischen Raubtierkapitalismus und sozialistischer Planwirtschaft bestanden. Nun aber haben sich immer mehr „Machtkörper“ (Walter Eucken) herausgebildet, die nach dem Motto handeln: Groß ist nicht groß genug. Der Wettbewerb litt.

Nach dem Größenrausch ist ein Neustart des Systems nötig, etwa mit der Zerschlagung von Daten-Konglomeraten wie Amazon, Alphabet oder Meta. Auch das deutsche Wettbewerbsrecht und EU-Gesetze machen inzwischen Entflechtungen möglich. Bisher verhängte Bußgelder haben Monopolisten lächelnd aus ihrer Portokasse bezahlt. Es ist kein Naturgesetz, mit Monopolen zu leben – auch wenn die das gern so darstellen.