In Wahlkämpfen bedeutet Wortradikalität zuweilen: Panik. So scheint das in der einst stolzen CSU zu sein. Was also ist der so bundeskanzlerisch auftretende Politiker Markus Söder noch wert, wenn er nach seinem Desaster-Ergebnis der Landtagswahl 2018 von 37,2 Prozent in einigen Tagen ein noch schlechteres Ergebnis holt, worauf alle Umfragen hindeuten? Parteien können sehr grausam zu ihren einstigen Helden sein, wenn viele Abgeordnete ihr Mandat verloren haben – und die CSU ist in einem solchen Fall nicht grausam, sondern brutal. Der erste Kampf in der CSU wird nach der Wahl um die Fraktionsspitze geführt, der zweite um die Ministerämter, die die Freien Wähler beanspruchen (Landwirtschaft?).
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Im Zweifel wird das Söder-Narrativ aller Welt erklären, Friedrich Merz und die CDU seien schuld. Die große Bruderpartei macht derzeit nicht gerade mit besonders handfesten Vorschlägen auf sich aufmerksam, sondern vielmehr mit Corporate-Identity-Spielereien, die zum Beispiel eine Türkis-Farbe wie bei der ÖVP vorsehen. Dass die Partei in ihrem brandneuen Imagefilm statt dem Reichstag in Berlin die Kuppel des georgischen Präsidentenpalastes in Tiflis zeigt, gehört offenbar zu den Verwirrungen des Zöglings Linnemann. In China sagen sie, dass sich zunächst die Worte verwirren, dann die Begriffe und schließlich die Sachen.
(Nach aktuellen Umfragen vor der bayerischen Landtagswahl am 8. Oktober verliert die CSU und die Freien Wähler gewinnen.)